Göttinnen des Alten Orients wurden lebendig
15.05.2012Würzburger Altorientalist Daniel Schwemer eröffnete Ringvorlesung „Gottesbilder“ – Nächster Vortrag am 21. Mai
Mit einem Vortrag über die Welt der weiblichen Göttinnen des Alten Orients startete am Montagabend die Ringvorlesung „Gottesbilder“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät. Professor Daniel Schwemer, Inhaber des Lehrstuhls für Altorientalistik an der Universität Würzburg, verband in seiner Vorlesung auf anschauliche Art und Weise die kritische Analyse antiker Quellen und Dokumente mit der lebendigen Schilderung altorientalischer Mythen.
Schwemer, der seit 2011 als Nachfolger von Gernot Wilhelm in Würzburg lehrt, gab in seinem Vortrag „‘Sie umtanzte Götter und Könige in ihrer Männlichkeit‘. Ischtar und andere Göttinnen des Alten Orients“ zunächst einen Überblick über typische Gottesvorstellungen des Alten Orients. Im Anschluss daran stellte er verschiedene weibliche Typen von Göttinnen vor, die unter verschiedenen Namen, aber mit den gleichen Attributen und unter den gleichen Verehrungsaspekten immer wieder anzutreffen sind.
Ischtar: Ambivalenz zwischen männlich und weiblich
Mehrfach durch anschauliche Schilderungen verschiedenster Mythen ergänzt, beschäftigte sich Schwemer im weiteren Teil seines Vortrags ausführlich mit der Göttin Ischtar. In ihrer Ambivalenz bewege sich diese Göttin in einzigartiger Weise zwischen männlich und weiblich, so der 42-jährige Altorientalist und Theologe. Auf der einen Seite sei Ischtar die junge, jungfräuliche, kriegerische und grausame, auf der anderen Seite die sexuell konnotierte, lustvolle Göttin.
Zur Illustration zog Schwemer neben anderen Quellen auch den Mythos von „Ischtars Gang in die Unterwelt“ heran. Zum Abschluss seiner Ausführungen präsentierte Schwemer einen bislang noch unveröffentlichten Text, der das Thema der Liebe mit Ischtar in Verbindung bringt. An den Vortrag schloss sich eine angeregte Diskussion an, in der weitere Aspekte des Themas zur Sprache kamen.
Die Vortragsreihe "Gottesbilder"
Die Ringvorlesung „Gottesbilder. Perspektiven auf die Ausstellung ‚Gott weiblich‘“ wird vom Lehrstuhl für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen in Kooperation mit der Katholischen Akademie Domschule und dem Rudolf-Alexander-Schröder-Haus veranstaltet. Sie gehört zum Begleitprogramm der bis 25. August 2012 in der Kirche St. Stephan gezeigten Ausstellung „Gott weiblich“.
Die sieben Abende der Vortragsreihe gehen der Frage nach der Geschlechtermetaphorik, der geschlechtsspezifischen Rede von Gott, aus unterschiedlichen Perspektiven nach. Der nächste Vortrag findet kommenden Montag, 21. Mai 2012, um 19 Uhr im Hörsaal 127 an der Neuen Universität am Sanderring statt. Dann spricht die Würzburger Altorientalistin und Archäologin Prof. Dr. Astrid Nunn über das Thema „Bilder und ihre Interpretation im Alten Orient“.
(Text: Lydia Hilt)