Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

Der Mensch als "Krone der Schöpfung" - biblisch oder nicht?

26.01.2012

Antrittsvorlesung der Alttestamentlerin Barbara Schmitz – Erste Professorin an der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät

Prof. Barbara Schmitz bei ihrer Antrittsvorlesung im vollbesetzten Toscanasaal (Foto: privat)

(cet) Der Mensch als Zentrum und Krone der Schöpfung, diesem Thema widmete sich Barbara Schmitz, neue Lehrstuhlinhaberin für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen an der Universität Würzburg, in ihrer Antrittsvorlesung. Zahlreiche Angehörige der Katholisch-Theologischen Fakultät, darunter Schmitz‘ Vorgänger Theodor Seidl, Vertreter von Universität und Bistum sowie Familienangehörige, Freunde und Kollegen der neuen Ordinaria waren der Einladung des Dekans in den Toscanasaal der Residenz gefolgt.

Stammt die Rede vom Menschen als "Krone der Schöpfung" tatsächlich aus der Bibel, wie heute meist unhinterfragt behauptet wird? Nein, so lautete die eindeutige Antwort von Schmitz. Die Redeweise sei keine Formulierung der Bibel, an keiner Stelle im Alten oder Neuen Testament werde der Mensch als "Krone der Schöpfung" bezeichnet. Doch ist sie damit auch unbiblisch, oder findet sich das mit diesem Vergleich ausgedrückte anthropologische Konzept vielleicht in abgewandelter Form in der Bibel? Dieser Problemstellung ging Schmitz in ihrer Vorlesung nach, die sie unter das Thema "Die 'Krone der Schöpfung'. Anthropologische Konzepte im Spannungsfeld von alttestamentlicher Theologie und moderner Rezeption" gestellt hatte.

Alttestamentliche Texte über die Bedeutung des Menschen

Anhand zweier maßgeblicher alttestamentlicher Texte, Genesis 1 und Psalm 8, zeigte Schmitz zunächst auf, dass beide Texte in erster Linie Reflexionen über Gottes Macht und Handeln als Schöpfer sind. Erst vor diesem theologischen Hintergrund werde die anthropologische Frage nach Bedeutung und Stellung des Menschen in der Welt beantwortet. Als Geschöpf Gottes nehme der Mensch eine herausgehobene Position ein. Doch bedeute dies "keine selbstherrliche Privilegierung", sondern unterstreiche die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung, so Schmitz. Durch sein Eingebundensein in die Natur erfahre der Mensch zugleich seine Begrenztheit und seine Abhängigkeit von Gott. "Weder von der Formulierung noch von der Sache her kann das Verständnis vom Menschen als 'Krone der Schöpfung' durch die biblischen Texte gerechtfertigt werden", so das Resümee der neuen Würzburger Alttestamentlerin.

Neuzeitliche Konzepte

Das Konzept vom Menschen als "Krone der Schöpfung" sei vielmehr ein spezifisch neuzeitlicher und europäischer Gedanke. Dessen Entwicklung lasse sich deutlich verfolgen, so Schmitz im zweiten Teil ihres Vortrags.  Zunächst habe das königliche Attribut der Krone als Bild für Vollendung und Auszeichnung fungiert, oft in Bezug auf die Frau. In einem weiteren Schritt habe sich dann die Rede vom Menschen als Krone der Schöpfung als anthropologisches Konzept entwickelt. Dies sei interessanter Weise nicht im theologischen, sondern im naturphilosophischen und kulturgeschichtlichen Kontext geschehen. Erst von dort sei es dann auch in der biblischen Exegese rezipiert worden, "wo dieser Gedanke zum Ergebnis der Untersuchungen von biblischen Texten wurde, die hermeneutisch zutiefst vom Paradigma eines unhinterfragt anthropozentrischen Weltbildes geprägt waren", so Schmitz weiter.

Dekan begrüßt Ende einer 400jährigen Tradition an der Fakultät

Zu Beginn der Feier hatte der Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Professor Franz Dünzl, die neue Professorin vorgestellt. Dabei zeigte er sich auch erfreut darüber, dass mit Barbara Schmitz erstmals eine Frau als ordentliche Professorin auf einen Lehrstuhl der Würzburger theologischen Fakultät berufen worden sei. Dies sei "eine echte Zäsur", die eine 400jährige Tradition an der Fakultät beende. Die Antrittsvorlesung markiere "einen Traditionsbruch, dessen Signalwirkung nicht unterschätzt werden sollte: Es gibt, so die Botschaft, jahrhundertealte Traditionen, die doch einer neuen Zeit, neuen Verhältnissen weichen müssen", so Dünzl weiter. Die Berufung von Frau Schmitz sei nicht nur einmütiger Wunsch der Fakultät und der Universitätsleitung gewesen, sondern habe auch die Unterstützung von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann gefunden. Dies zeige einmal mehr die gute Kooperation von Fakultät, Universität und Diözese.

Zur Person

Barbara Schmitz, 1975 im Rheinland geboren, studierte Theologie in Passau, Jerusalem und Münster. Nach der Promotion 2003 in Münster war sie Assistentin an den Universitäten Bamberg und Fribourg (Schweiz), ab 2005 dann Oberstudienrätin im Hochschuldienst für den Bereich Altes Testament und Sprachen an der Universität Duisburg-Essen.

2007 habilitierte sich Schmitz an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Regensburg, ab 2009 arbeitete sie an der Technischen Universität Dortmund als Professorin für Exegese und Theologie des Alten Testaments. Von dort wurde sie zum 1. Juli 2011 auf den Würzburger Lehrstuhl für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen berufen; sie trat die Nachfolge von Theodor Seidl an, der im Oktober 2010 in Ruhestand gegangen war.

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