Liturgische Akteure: Normen und gottesdienstliche Praxis
08.04.2015DFG fördert gemeinsames Forschungsprojekt von Prof. Dr. Martin Stuflesser und Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Ziebertz
Grund zur Freude bei Prof. Dr. Martin Stuflesser (Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft) und Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Ziebertz (Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts): Mit umfangreichen finanziellen Mitteln fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) das auf drei Jahre angelegte, gemeinsame Forschungsprojekt zum Thema „Liturgische Akteure: Normen und gottesdienstliche Praxis“.
Das Forschungsprojekt untersucht, wie liturgische Akteure aus unterschiedlichen Personengruppen (Priester, Diakone, hauptamtliche Laien), die im kirchlichen Auftrag liturgischen Feiern vorstehen, die normativen Vorgaben zur Liturgie anwenden und was diese liturgischen Akteure dazu bewegt, von den liturgischen Vorgaben abzuweichen und etwaige, situationsbezogene Veränderungen vorzunehmen.
Die liturgiewissenschaftliche Analyse gottesdienstlicher Vorgänge basiere bislang zumeist auf einer Untersuchung der einzelnen liturgischen Riten, wie sie in Textbüchern festgelegt sind, so Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Martin Stuflesser. Demgegenüber ergänze das neue Forschungsprojekt den Methodenkanon der Liturgiewissenschaft nun auch um einen empirischen Forschungsansatz.
Das Projekt will dabei zeigen, ob und welche Wahlmöglichkeiten liturgische Akteure haben, aber auch welche Ergänzungen, Abwandlungen oder Abweichungen gegenüber der jeweiligen liturgischen Ordnung vorgenommen werden. Dabei ist von besonderem Interesse, wie die Vorgaben der liturgischen Bücher von den Akteuren im Einzelnen interpretiert werden und welche Motive und Einsichten für die liturgischen Akteure handlungsleitend sind.
Veränderungen der liturgischen Vorgaben, wie sie in der konkreten Praxis vorkommen und die auch von Liturgiewissenschaftlern als Normabweichungen wahrgenommen werden, werden dabei zuweilen pauschal als „Liturgie-Missbrauch“ gedeutet und häufig in Verbindung mit einer Kritik an der Liturgiereform überhaupt und mit der Klage über eine mangelnde liturgische Bildung zur Sprache gebracht. Die Frage nach den Gründen und Ursachen, die zu solchen Änderungen des Ritus führten, kamen dabei, so Stuflesser, entweder gar nicht oder viel zu selten in den Blick. Die empirische Untersuchung der tatsächlichen Motivationen und subjektiven Voraussetzungen der liturgisch Handelnden steht daher im Mittelpunkt des neuen Forschungsprojektes.
Die Erforschung der Wirkungsgeschichte der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils bildet schon seit mehreren Jahren einen Forschungsschwerpunkt am Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft der Universität Würzburg. Ein ebenfalls von der DFG gefördertes Forschungsprojekt hatte in den Jahren 2010-2013 bereits die Rezeption der Liturgiereform im Bereich der (Liturgie-)Theologie erforscht. Der durch den Lehrstuhl organisierte Forschungskongress der Societas Liturgica: „Liturgiereformen in den Kirchen“ im August 2013 untersuchte die Rezeption der liturgietheologischen Grundanliegen der Liturgiereform des II. Vatikanums im Bereich der Ökumene.
„Mit der zugesagten finanziellen Förderung des neuen Forschungsprojektes anerkennt die DFG auch die bisherige Forschungsleistung auf diesem Forschungsgebiet“, so äußerte sich Prof. Stuflesser erfreut über das nun bewilligte Forschungsprojekt. Nach Meinung des Würzburger Liturgiewissenschaftlers wird mit der empirischen Erforschung der Rezeption liturgischer Konzepte ein bislang noch nicht bearbeitetes Forschungsfeld untersucht und damit ein fundamentaler Beitrag zum Verständnis der Wirkungsgeschichte der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils geleistet.