Prof . Dr. Ottmar Fuchs zu einer "Hermeneutik der Gastfreundschaft zwischen Bibel und Pastoral"
28.05.2014Fortsetzung der Vortragsreihe "Theologie treiben mit Würzburger Wurzeln"

Im Rahmen der vom Verein der Freunde und Förderer der Kath.-Theol. Fakultät organisierten Vortragsreihe "Theologie treiben mit Würzburger Wurzeln" sprach am 22.05.2014 Prof. Dr. Ottmar Fuchs im HS 318 der Neuen Universität vor etwa 30 Interessierten zum Thema "Würzurg: Biographischer Ursprung einer Hermeneutik der Gastfreundschaft zwischen Bibel und Pastoral".
In seinem autobiographisch fundierten Vortrag beschrieb Fuchs, wie er in der Frage nach der Bedeutung biblischer Texte für die Gegenwart durch seinen theologischen Lehrer, Prof. Dr. Rolf Zerfaß, die Freiheit als einen wesentlichen Aspekt der Interpretation erfuhr. Zerfaß selbst habe für diese Freiheit das Motiv der Gastfreundschaft - im Holländischen "Gastvrijheit" (Gastfreiheit) - favorisiert, insofern diese, wie Fuchs seinen theologischen Lehrer zitierte, "nicht dazu da [ist], die Leute zu ändern, sondern ihnen einen Raum anzubieten, in dem Veränderung für sie möglich wird".
Mit Blick auf die Frage nach der Bedeutung biblischer Texte für die Gegenwart besage eine solche Hermeneutik der Gastfreundschaft also, dass bei der Interpretation biblischer Texte nicht entscheidend sei, dass deren originäre Intention getroffen werde, sondern, so Fuchs wörtlich, "dass die Richtung stimmt", d.h., dass die bei der Interpretation ergriffene pastorale Option bzw. bibelpastorale Absicht dem Willen Gottes gerecht werde. Die Kriteriologie einer Hermeneutik der Gastfreundschaft, so Fuchs' Fazit, sei die Perspektive des gnädigen und barmherzigen Gottes.
Prof. Dr. Erich Garhammer würdigte den Vortrag Fuchs' als "persönliche und wissenschaftliche Révision de vie" sowie als "Hommage und nachträgliches Geburtstagsgeschenk" an seinen theologischen Lehrer, Prof. em. Dr. Rolf Zerfaß, der sich ebenfalls unter den Zuhörern befand.
Mit der Vortragsreihe "Theologie treiben mit Würzburger Wurzeln" möchte der Verein der Freunde und Förderer mit Theologen ins Gespräch kommen, die ihre akademische Qualifikation und Graduierung an der Würzburger Kath.-Theol. Fakultät erhielten.
Fuchs studierte von 1966 bis 1972 Philosophie und Katholische Theologie an den Universitäten Bamberg und Würzburg. Nach seiner Priesterweihe war er zunächst als Kaplan in Nürnberg und Studentenpfarrer sowie Mentor für Laientheologinnen und Laientheologen in Bamberg tätig. 1977 wurde er mit der Dissertation "Sprechen in Gegensätzen: Meinung und Gegenmeinung in kirchlicher Rede" an der Universität Würzurg zum Dr. theol. promoviert. Nach seiner Habilitation war Fuchs von 1981 bis 1998 Professor für Pastoraltheologie und Kerygmatik an der Universität Bamberg. Seitdem ist er Inhaber des Lehrstuhls für Praktische Theologie an der Universität Tübingen.
Michael Müller