Intern
Katholisch-Theologische Fakultät

"Theologen Zutritt verboten!"

01.12.2010

Vor 75 Jahren: Schließung der Würzburger theologischen Fakultät durch die Nationalsozialisten

Studentenschaftsführer beim Appell auf der Freitreppe vor dem Universitätsgebäude am Sanderring (Foto: Diözesanarchiv Würzburg)

Am 18. November 1935 wurde durch den damaligen Rektor der Würzburger Universität die Schließung der Theologischen Fakultät verfügt. Auslöser dürften zunehmende Spannungen zwischen Bischof Matthias Ehrenfried und den Nationalsozialisten gewesen sein. Doch währte die Schließung nicht lange, bereits eine Woche später konnten die Theologen an den Sanderring zurückkehren.

Vordergründig wurde die Schließung vom damaligen Rektor der Universität, dem Zahnmediziner Johannes Reinmöller, damit begründet, dass die Fakultät angeblich keinen Fachschaftsleiter habe. Tatsächlich dürften jedoch andere Gründe eine Rolle gespielt haben. Die so genannte Sistierung der theologischen Fakultät war der vorläufige Höhepunkt einer bereits länger andauernden Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche bzw. dem Würzburger Bischof, der von den NS-Machthabern eingesetzten Universitätsleitung und einer nationalsozialistisch kontrollierten Studentenvertretung.

Trotz zahlreicher Bemühungen war es den Nationalsozialisten bis 1935 nicht gelungen, die seit der Machtergreifung vollzogene Gleichschaltung und ideologische Kontrolle der Würzburger Studenten auch bei den Theologen durchzusetzen. Dies lag nicht zuletzt an der klaren, ablehnenden Haltung des Würzburger Bischofs. Immer wieder widersetzte sich Matthias Ehrenfried derartigen Versuchen des Regimes. Erst im September 1934 einigten sich Bischof, Hochschulleitung und Studentenschaft schließlich auf ein Regulativ, das die Einrichtung einer vollständig von den Nationalsozialisten kontrollierten und an die NSDAP angebundenen theologischen Fachschaft verhindern konnte.

Machtdemonstration gegenüber Theologen und Bischof

Seit Fronleichnam 1935 hatte sich die Situation jedoch wieder verschärft. Am 14. November schließlich wurde der bisherige theologische Fachschaftsleiter abgesetzt und ohne Zustimmung des Bischofs kommissarisch durch den NS-Studentenschaftsführer der Universität, Otto Kreppel ersetzt. Dies widersprach dem Regulativ, weshalb Bischof Ehrenfried massiv dagegen protestierte.

Am 18. November 1935 schloss Rektor Reinmöller dann kurzerhand die Fakultät. Am Haupteingang wurde morgens ein Schild mit der Aufschrift „Theologen Zutritt verboten“ angebracht, außerdem für 14 Uhr ein Pflichtappell der Hochschulgruppe Würzburg des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes angekündigt. Diese Veranstaltung, die auf der Freitreppe der Neuen Universität am Sanderring abgehalten wurde und von der sich drei Fotografien im Archiv des Bistums Würzburg erhalten haben, geriet zur Machtdemonstration und Agitation gegen die Theologen und den Würzburger Bischof.

Nach den polemischen Ansprachen des NS-Studentenschaftsführers Kreppel und des Gaustudentenführers Wahl erschien auch Reinmöller auf der Treppe. Seine Ansprache war zwar allgemein gehalten und griff die Konflikte um die theologische Fakultät nicht direkt auf; durch seine Anwesenheit in offizieller Funktion, angetan mit Uniform und Amtskette der Universität, signalisierte der Rektor dennoch seine Zustimmung zum Verhalten der NS-Studentenführer.

Scharfe Proteste Bischof Ehrenfrieds

Bereits unmittelbar vor und vor allem in den Tagen der Schließung der Fakultät legte Bischof Ehrenfried schärfsten Protest gegen diese Maßnahmen ein, sowohl vor Ort in Würzburg als auch durch Schreiben und Eingaben an die zuständigen Reichs- und Landesminister in Berlin und München. Auch der emeritierte Kirchenhistoriker Sebastian Merkle schaltete sich ein und nutzte offenbar seine Kontakte nach Berlin. Auf Intervention des Reichserziehungsministeriums und durch Vermittlung verschiedener Personen konnte schließlich eine Einigung erzielt werden, die beiden Seiten Zugeständnisse machte und zur Wiedereröffnung der Fakultät und einige Tage später zur Ernennung eines Fachschaftsleiters führte, der für beide Seiten akzeptabel war.

Bis heute lässt sich nicht eindeutig klären, was der eigentliche Auslöser für die Schließung der Fakultät war. Der Wunsch, den Einfluss des Würzburger Bischofs auf Universitätsbelange zu brechen, dessen vehementes Auftreten von den Nationalsozialisten als Einmischung und Bedrohung gesehen wurde, dürfte ebenso eine Rolle gespielt haben wie Macht- und Karrierestreben des Rektors und die kirchenfeindliche Haltung der nationalsozialistisch kontrollierten Studentenvertretung.

Ausweichquartier im Augustinerkloster

Die Schließung der Würzburger theologischen Fakultät dauerte nicht lange. Bereits eine Woche später, am 25. November 1935, konnte die Fakultät zu ihrem regulären Vorlesungsbetrieb zurückkehren. Auf den laufenden Studienbetrieb hatte sich die Maßnahme des Rektors ohnehin kaum ausgewirkt: Denn schon am zweiten Tag der Schließung hatten die Theologen ihre Veranstaltungen kurzerhand in das Augustinerkloster verlegt.

Von Claudio Ettl

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