Gottes Antworten an Ijob - auf Griechisch
30.09.2024Monographie von Dr. Maximilian Häberlein in den "Beiheften zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft" (De Gruyter) erschienen
Was passiert, wenn man eines der sprachlich, literarisch und theologisch komplexesten Bücher der Bibel übersetzt? Wie gehen Übersetzer vor, und wie verändert sich dadurch der Text? Diese Fragen stellen sich in besonderer Weise bei der um das Jahr 100 v. Chr. angefertigten erstmaligen Übersetzung des Buches Ijob ins Griechische, der sog. Septuaginta (LXX). Diese ist um ca. ein Sechstel kürzer als der hebräische Text, der den meisten modernen Bibelausgaben zugrundeliegt, und zeichnet sich durch weitere Eigenarten aus. Maximilian Häberlein hat in seiner Doktorarbeit, die von Barbara Schmitz (Würzburg) und Markus Witte (Berlin) betreut und 2023 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Würzburg angenommen wurde, sich mit diesen Frage beschäftigt.
Dafür analysiert er die Gottesreden - den Teil des Buches, in dem Gott selbst nach mehr als 35 Kapiteln Erörterung der Fragen nach Leid, Gerechtigkeit, Gottes- und Menschenbild durch Ijob und seine Gesprächspartner Eliphas, Bildad, Sophar und Elihu selbst das Wort ergreift - in zwei Schritten: Zunächst werden genau die Strategien beschrieben, mit denen die Übersetzenden den hebräischen Text übersetzt haben: Diese gehen mal "wörtlich" vor, mal wird eine Passage umschrieben oder zusammengefasst, gelegentlich wird gekürzt, an anderen Stellen wird eine Textpassage aus anderen autoritativen Texten - v.a. der Tora und den Psalmen - eingefügt. In einem zweiten Schritt wird dann nach dem literarisch-theologischen Profil des griechischen Textes gefragt: Was sind dessen Akzentsetzungen? Wo finden sich Bezüge zu anderen jüdischen oder gar griechisch-hellenistischen Werken? Eigene, distinkte Akzente werden unter anderem bei der Betonung der Souveränität und Allmacht Gottes, der Rolle von Mittlern (etwa Engeln) im Gott-Welt-Verhältnis, in der Unterweltsgeographie, der Benennung von Tieren oder auch der Anthropologie herausgearbeitet - so wird in Ijob 38,14LXX das erste Menschenwesen als "sprachfähig" beschrieben, eine Qualifikation, die sich so nicht in der Hebräischen Bibel, aber in anderen zeitgenössischen Texten findet (etwa den Hodayot-Liedern aus Qumran oder ägyptisch-hellenistischen Isis-Aretalogien). Auch gewisse Kürzungen stellen eine stilistische Anpassung an eine griechisch-jüdische Leserschaft dar.
Die Ijob-LXX zeigt das Ringen um eine zeitgemäße, innovative und gleichzeitig der Überlieferung verpflichteten Wiedergabe des Buches ins Griechische im Kontext des pluralen antiken Judentums. Die von Maximilian Häberlein angefertigte Studie Speaking to Job in Greek: Text, Translation Technique, Literary and Theological Profile of OG Job 38:1-42:6, die 2024 mit dem Gemeinsamen Promotionspreis der Unterfränkischen Gedenkjahresstiftung und der Universität Würzburg ausgezeichnet wurde, ist nun in der Reihe Beihefte zur Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft im Berliner Verlag De Gruyter erschienen.