Intern
Lehrstuhl für Altes Testament und biblisch-orientalische Sprachen

Von DAN bis BEERSCHEBA - Israel Exkursion

27.04.2009

Nach der erfolgreichen Exkursion des Lehrstuhls für Altes Testament nach Israel vom 27. Februar 2010 bis 13. März 2010 steht nun der Abschlussbericht zur Verfügung:

BERICHT ÜBER DIE WISSENSCHAFTLICHE EXKURSION DES LEHRSTUHLS FÜR

ALTES TESTAMENT UND BIBLISCH-ORIENTALISCHE SPRACHEN NACH ISRAEL

VOM 27.FEBRUAR – 13.MÄRZ 2010


1. Planung

Die Planungsphase für die 6. Exkursion des Lehrstuhls erstreckte sich über etwa eineinhalb Jahre vor Beginn der Exkursion. Sie umfasste Ausschreibung, Werbung, Formulierung von Zuschussanträgen, Festlegung der Route und Auswahl der Besichtigungsziele.
Am Ende des SS 2009 meldeten sich schließlich 33 aktuell Theologiestudierende aller Studiengänge und 8 Seniorenstudierende, 2 Mitarbeiterinnen der Fakultät und 2 Gäste offiziell an.
Für Leitung und Organisation zeichneten verantwortlich: Prof. Th. Seidl, Frau Dr. St. Ernst und Frau H.Leisner.

2.Vorbereitendes Hauptseminar

Im Wintersemester 2009/10 wurde für die TeilnehmerInnen, aber auch für alle studentischen InteressentInnen ein Hauptseminar zu „Topographie und Archäologie Palästinas“ durchgeführt.
Es war chronologisch nach den archäologischen Epochen gegliedert und erstreckte sich auf die Zeitperiode von der Mittelbronzezeit (ca. 1800 v. Chr.) bis zur Kreuzfahrerepoche des christlichen Mittelalters. Den einzelnen Epochen wurden exemplarisch die wichtigsten Zielorte der Exkursion zugeordnet. Die studentischen ReferentInnen hatten die Aufgabe, dazu die Topographie, die Grabungsgeschichte und ihre Ergebnisse und den Bezug zu den biblischen Texten herzustellen.
Das Referatsystem wurde auch bei der Exkursion selbst beibehalten, so dass das wissenschaftliche Programm von allen Studierenden mitgetragen und mitgestaltet werden konnte.

3.Verlauf der Exkursion

Das archäologisch-historische Programm der Exkursion hatte 3 Schwerpunkte:

- Die mittel- und spätbronzezeitlichen Zentren des 2. Jahrtausends in Palästina, die von Ägypten kontrolliert wurden.
- Die eisenzeitlichen Tells, die für die Geschichte der Königreiche Israel und Juda von Bedeutung sind.
 - Herodes der Große und seine Bauleistungen.

Dem ersten Schwerpunkt waren in Galiläa die Besuche und Recherchen auf den bronzezeitlichen Tells von Hazor, Dan, Megiddo und Bet Shean gewidmet. Dazu kamen in der Schefela, fernab aller Touristenstraßen, die Begehungen von Tell Gezer und Tell Lakisch. Die Südroute der Exkursion führte zum Tell Es-Sultan in Jericho und auf den Tell Arad im Negev. In die Periode des 2. Jahrtausends gehören auch noch die Kupferminen von Timna sowie das dortige ägyptische Hathorheiligtum und das midianitische Zeltheiligtum an den „Säulen Salomos“, dem südlichsten Punkt der Exkursion in unmittelbarer Nähe von Eilat.

Für die Periode der beiden Monarchien Israel und Juda in der 1. Hälfte des 1. Jahrtausends, für ihre Geschichte und Kultur ergaben sich tiefe Einblicke beim Besuch der Tells von Dan, Arad, Hazor, Megiddo und und vor allem in Lakisch, wo die Spuren der assyrischen (8.Jh.) und neubabylo- nischen (6.Jh.) Eroberungszüge, und damit des Endes der beiden Königreiche noch dramatisch greifbar sind.
In Jerusalem war für diesen Schwerpunkt der Besuch in der Davidstadt, auf dem Südosthügel der Altstadt (Ophel), einschlägig. Die Gruppe erhielt Zutritt sowohl zu den klassischen Ausgrabungen
Kathleen Kenyons und Lord Warrens; sie konnte den Warrenshaft durchsteigen und den Gichonkanal bis zum Schiloachteich durchwaten. Freilich sind dort die Eingriffe der von politischer Ideologie infizierten Tourismus-Archäologie beängstigend; sie werden dieser besonderen Stätte der Jerusalemer Stadtarchäologie ohne jegliche denkmalpflegerische Pietät und Rücksichtnahme übergestülpt.

Auf jeden Besucher Israels und Palästinas üben die Großbauten Herodes I. eine faszinierende Wirkung aus. Die Gruppe konnte von diesen immensen Bauleistungen in Augenschein nehmen:
die Hafenanlagen von Caesarea Maritima, den Dreistufenpalst auf Massada, das Herodeion mit dem 2007 wiedergefundenen Herodesgrab und schließlich das gigantische Plateau des Jerusalemer Tempelplatzes mit seinen Bogenzugängen und dem erhaltenen herodianischen Mauerwerk am Tempelgelände (u.a. auch an der „Klagemauer“).
Weiteren hellenistisch-römischen Bauzeugnissen begegneten wir in Bet Shean, Caesarea Maritima, Caesarea Philippi (Banias), Sepphoris sowie an den Bethesda-Teichen in Jerusalem.
Selbstverständlich gehörten auch die konstantinischen Basiliken der Geburts- und Grabeskirche zum Exkursionsprogramm.
Dokumente der für Palästina und Jerusalem bedeutsamen Byzantinische Epoche stellten für die Gruppe außer den beiden genannten Basiliken der justinianische Cardo und die Reste der Maria-Nea-Kirche in der Jerusalem Altstadt dar.

Trotz der fachlich bedingten Ausrichtung der Exkursion auf die kulturellen Zeugnisse der Bronze- und Eisenzeit erhielt die Gruppe gute Einblicke sowohl in die Kultur des frühen (Qumran und „Schrein des Buches“) und mischnischen Judentums (Sepphoris, Tiberias) als auch bestimmter Spielarten der Kabbala in Safed. Einprägsam verlief die Begegnung mit den aktuellen Formen und Riten der heutigen jüdischen Destinationen in Jerusalem bei Bar-Mizwa-Feiern und der Sabbateröffnung an der „Klagemauer“.

Die überwältigenden Monumente des frühen Islam auf dem Tempelplatz, Felsendom und El-Aqsa-Moschee, kann der nichtmoslemische Jerusalembesucher leider seit Jahren nur mehr von außen bewundern.

Schließlich galt auch der Kreuzfahrerarchitektur des 10.-13.Jh. unsere Aufmerksamkeit: Die unterirdischen Säle und Gewölbe der Festung Akko und die noblen spätromanischen Formen der Jerusalemer St.Anna-Kirche repräsentieren diese Zeugnisse eines kurzen, aber düsteren Gastspiels europäischer Kunst und Kultur in Palästina.

Außer den Denkmälern menschlicher Kultur war für die Teilnehmer der Exkursion, die größtenteils Erstreisende waren, das Kennenlernen und Erleben der Naturelemente in den „biblischen Landschaften“ von größtem Wert; dabei hinterließen Wüste und Gebirge, die bizarren Formationen um das Tote Meer, die Jordanquellen und das gerade frühlingsgrüne galiläische Bergland um den See Genesaret einen besonders nachhaltigen Eindruck.

Am Anfang des Jerusalemaufenthalts stand der Besuch der Holokaustgedenkstätte Yad-wa-Shem:
Das neu errichtete Dokumentationszentrum führt mit der Wucht multimedialen Einsatzes Wurzeln, Terror und Ende des menschenverachtenden Genozids der Nazis an den Juden vor Augen und hinterlässt beim Besucher tiefe Spuren.

Mit der aktuellen spannungsgeladenen politischen Situation zwischen Israelis und Palästinensern war die Gruppe in der Jerusalemer Altstadt konfrontiert, wo die Präsenz von Militär und Polizei selbst auf dem Tempelplatz schier erdrückend war; noch schmerzhafter gestaltete sich das Erleben der Mauer und der Grenzzäune zwischen Jerusalem und Bethlehem sowie das Passieren der diversen Kontrollpunkte zwischen israelischem und palästinensischem Gebiet.

Doch in einer abendlichen Begegnung mit dem Leiter von LIFEGATE, Burkhard Schunkert, wurde der Gruppe auch deutlich, wie konkrete Friedensarbeit zwischen den verfeindeten Volksgruppen aussehen könnte: Die in Bet Jalla beimatete Organisation betreut und therapiert körperbehinderte Palästinenserkinder und führt sie effektiver medizinischer Behandlung in den Gesundheitszentren Israels zu. So werden beidseitige Feindbilder und Vorurteile durch aktuelle medizinische und menschliche Hilfe abgebaut.


3.Dank

Die in fachlicher und menschlicher Hinsicht rundum gelungene Unternehmung der Israelexkursion 2010 fand dankenswerter Weise finanzielle Unterstützung durch die Exkursionsmittel der katholisch-theologischen Fakultät, durch den Unibund und die Diözese Würzburg; so blieben die hohen Kosten für die Studierenden in einem noch erträglichen Rahmen.
Ein herzlicher Dank gilt Frau Petra Ganz vom Bayerischen Pilgerbüro, München für die vorzügliche Zusammenarbeit bei der Planung. Ausdrücklich gedankt sei auch unseren landeskundigen Guides Maurice Sbeit, Jacob Ben-Shimol, Samir aus Bethlehem und unserem Busfahrer Ismael Hosry, die mit viel Geschick , Einfühlungsvermögen und Kompetenz unserer ganz speziellen Gruppe das einzigartige biblische Land erschlossen.


Th. Seidl



Zusätzlich kann dieser Exkursionsbericht druckerfreundlich als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Zum Exkursionsbericht (PDF-Dokument)



    


  

   Die Exkursionsgruppe an den Quellen des Jordan: Dan
  


  Das mittelbronze-Zeitliche Stadttor            Magazingebäude im eisenzeitlichen
  von Dan                                                  Hazor
 
     

 

    Das midianitische Zeltheiligtum                Im Hiskijatunnel: Jerusalem an der
    in Timna                                                Gichonquelle 
 
 

 Jerusalem: Ausgrabungen in                            (oben) Meggido:
der Davidsstadt                                              Bronzezeitliches Mehr-Kammertor






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