Zwischen Aushalten und Gestalten: Resilienznarrative im Alten Testament
05.02.2020Unter diesem Motto trafen sich vom 30.01.-01.02.2020 Theolog*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Studierende zu einer Tagung in Rostock. Ausgerichtet wurde die Tagung von und Prof. Dr. Barbara Schmitz, Lehrstuhl für Altes Testament der Universität Würzburg und Prof. Dr. Judith Gärtner, Lehrstuhl für Altes Testament der Universität Rostock. Die hermeneutische Ausrichtung der Tagung orientierte sich am interdisziplinären Forschungskontext der DFG Forschungsgruppe 2686 „Resilienz in Religion und Spiritualität: Aushalten und Gestalten von Ohnmacht, Angst und Sorge“.
Die Tagung diente dazu, in einer ersten Annährung zu untersuchen, ob und wie die Texte des Alten Testamtens und der kritische Resilienzbegriff der Forschungsgruppe interagieren können: Dieser kritische Resilienzdiskurs beinhaltet, dass Resilienz und Krise zumindest im Kontext individueller existentieller Krisen in einem intrinsischen Verweis- und Entwicklungszusammenhang stehen und Resilienz deswegen selbst ein Krisenphänomen par excellence ist. Deshalb gilt es, nicht nur Strategien der Krisenüberwindung zu thematisieren, sondern auch Modi des Aushaltens und Gestaltens von Phänomenen der Ohnmacht und Angst. Im Tagungsverlauf zeigte sich, dass der Resilienzbegriff als Interpretationskategorie alttestamentlicher Texte trägt und neue Deutungsperspektiven eröffnet. Betrachtet wurden Psalmen als Gebetsliteratur, in denen Krisen thematisiert und im Modus der Gebetsanrede verarbeitet werden (Christian Frevel; Amy C. Cottrill; Bernd Janowski; Friedhelm Hartenstein; Martin Rösel). Des Weiteren antik-jüdische Literatur, in welcher Erzählungen von Rettung als Resilienznarrative begriffen werden können (Beate Ego), prophetische Texte unter der Frage, inwieweit sie resilienzrelevante Phänomene thematisieren oder auf Krise und Trauma fokussiert bleiben (Christopher Frechette; Michaela Bauks; Christl M. Maier) sowie Krisenbewältigungsstrategien im Pentateuch (Jan Dietrich; Ute Neumann-Gorsolke). Mit der Bezugnahme auf rabbinische Literatur (Lennart Lehmhaus), Religionspädagogik (Martina Kumlehn) und französische Literatur (Stephanie Wodianka) wurde die alttestamentliche Perspektive geweitet und in den inter- und transdisziplinären Diskurs gestellt. Aus der Perspektive der Exegese zeigte sich, dass der Resilienzbegriff eine Heuristik bietet, die für einige – ausdrücklich nicht für alle – alttestamentlichen Texte weiterführend ist, indem sie z. B. eine Engführung auf Krise und Trauma vermeidet und diese mit Resilienzphänomenen differenziert kombiniert.
Den Tagungsflyer mit den einzelnen Vortragstiteln finden Sie hier zum Download.