"Alles nur Theater?! Zu Fragen der Inszenierung der Liturgie heute"
12/08/2015Fortsetzung der Reihe "Liturgie der Zukunft"
Auf den Tag genau 52 Jahre nach der Veröffentlichung der Liturgiekonstitution durch das II. Vatikanische Konzil und fast 50 Jahre nach Abschluss des Konzils luden das Liturgiereferat des Bistums Würzburg und der Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft der Universität Würzburg zu einer Diskussionsveranstaltung mit dem Titel: „Alles nur Theater?! Zu Fragen der Inszenierung der Liturgie heute“ in das Burkardushaus ein.
Nach einem frei gestalteten Abendlob in der Sepultur des Kiliansdoms mit Bischof Dr. Friedhelm Hofmann (Würzburg) schlossen sich zunächst kurze Interviews der Teilnehmer/-innen der Podiumsdiskussion zu den Themenschwerpunkte „Sehen“, „Urteilen“ und „Handeln“ an.
Zum Themenschwerpunkt „Sehen“ wurde zunächst der Regisseur Christian Stückl (Oberammergau / München) interviewt. „Sind unsere Gottesdienste schlecht inszeniert?“, so fragte der Moderator der Veranstaltung, Prof. Dr. Martin Stuflesser (Würzburg). Stückl entgegnete, dass es seiner Meinung nach weniger darauf ankomme, wie die Liturgie inszeniert sei, sondern wie überzeugt und damit überzeugend die Inszenierung vorgetragen werden. Wenn beispielsweise der Priester, der einer liturgischen Feier vorstehe, eine vorgefertigte Predigt, die er selbst nicht verfasst habe, vorlese, „dann kauft ihm das niemand ab“.
„Die Feier der Eucharistie sei eben nicht „Oberammergau“, es gehe um Anamnese (Gedächtnis) und nicht um Mimese (Nachahmung)!“ Mit diesen Worten zitierte Stuflesser seinen zweiten Interviewpartner, den Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Klemens Richter (Münster), an den er die Frage richtete, welches denn die (liturgie-)theologischen Beurteilungskriterien dafür seien, was bei der Inszenierung der Liturgie sinnvoll sei und was nicht. Richter erinnerte an den Wunsch des II. Vatikanums die tätige Teilnahme aller an der Liturgie Beteiligten zu stärken. Sie seien eben nicht, wie im Theater, nur passive, stumme Zuschauer, sondern wirklich Mitfeierende in einem Dialog zwischen Gott und Mensch. Auch sei der Inhalt, der gefeiert werde, vorgegeben: es gehe immer um Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi. Insofern sei das entscheidende Kriterium für eine gelungene Inszenierung,, dass der Sinngehalt der Liturgie durch die Feiergestalt deutlich zum Ausdruck komme. Wo dies nicht geschehe, so Richter, werde die Inszenierung letztlich sinn-entleert.
Zum Themenschwerpunkt „Handeln“ wurde schließlich die Gründerin und Leiterin von SOLWODI (solidarity with women in distress), Sr. Dr. Lea Ackermann (Boppard), interviewt. „Ist für Sie Ihr Handeln, Frauen in Not zu helfen, auch eine Form von Gottesdienst, von Liturgie?“, so fragte Stuflesser. Ackermann bejahte diese Frage nachdrücklich. Solle Liturgie überzeugend sein, so führte sie weiterhin aus, sei es unbedingt erforderlich, dass das in der Liturgie Gefeierte auch im alltäglichen Leben umgesetzt werde. Dieser Auffassung stimmte auch Richter zu: Bereits Paulus habe das alltägliche Leben als den wahren Gottesdienst, die Liturgie lediglich als dessen Brennpunkt begriffen.
Nach den Interviews ergab sich eine lebhafte Diskussion auf dem Podium, in die durch die Publikumsanwälte Gabriele Saft und Roland Baule auch immer wieder Fragen und Diskussionsbeiträge aus dem Publikum eingespielt wurden. Aufgrund des großen Interesses kündigte Stuflesser bereits an, die Reihe „Liturgie der Zukunft“ auch im kommenden Jahr am 04. Dezember mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Liturgie und Kunst“ fortzusetzen.