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Der Lehrstuhl für Missionswissenschaft an der Universität Würzburg wurde 1958 als außerordentlicher Lehrstuhl errichtet und 1966 in einen ordentlichen Lehrstuhl erweitert. Erster Professor war von 1958 bis 1961 Josef Glazik. Ihm folgten Bernward Willeke OFM (von 1962-1982), der den Lehrstuhl ausbaute und in den 80er Jahren Norbert Klaes und Ludwig Hagemann.
Der Würzburger Lehrstuhl ist der letzte katholische im südddeutschen Raum, der zweite Lehrstuhl für Missionswissenschaft in Deutschland befindet sich an der Universität Münster.
Die Bibliothek umfaßt mit ca. 8000 Bänden die Gebiete Missionsbibliographie, Missionstheologie und -lehre, außereuropäische Kirchen- und Entdeckungsgeschichte, kontextuelle und interkulturelle Theologie, Religionswissenschaft, Dialog mit nichtchristlichen Religionen und Völkerkunde, daneben sind die wichtigsten missionswissenschaftlichen Zeitschriften vorhanden.
Stiftungsprofessur eingerichtet
An der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg wurde mit der Unterzeichnung des Vertrags am 1. April 2004 für die kommenden fünf Jahre ein Stiftungslehrstuhl im Fach "Missionswissenschaft und Dialog der Religionen" eingerichtet.
Ermöglicht haben dies das Internationale katholische Missionswerk "Missio" mit Sitz in München und die Stiftung "Promotio Humana". Der Vertrag wurde von Prälat Dr. Konrad Lachenmayr für Missio und Prof. DDr. Hans Waldenfels für die Stiftung Promotio Humana in Würzburg unterzeichnet. Dabei betonten beide Vertreter, Gegenstand des wissenschaftlichen Arbeitens am Lehrstuhl "Missionswissenschaft und Dialog der Religionen" sei in besonderer Weise der Dialog der Religionen. Im Zuge wachsender Globalisierung rückten unterschiedliche Weltanschauungen enger zusammen und drängten auf Verständigung. Diese programmatische Veränderung solle daher auch in der Namenserweiterung Ausdruck finden.
Universitätspräsident Prof. Dr. Axel Haase wies in einem Grußwort auf die besonderen Stärken der Würzburger Katholisch-Theologischen Fakultät hin, die in Bayern sowohl hinsichtlich der Zahl der Studierenden und Absolventen als auch der mit Hilfe von Drittmitteln geförderten Forschungsprojekte an der Spitze der Theologischen Fakultäten liege. Die Einrichtung der neuen Stiftungsprofessur schärfe das Profil der Fakultät weiter: "Eine Fakultät, die sich in der Forschung engagiert und Stifter findet, die bereit sind, für einige Jahre einen Lehrstuhl zu finanzieren, beweist damit nicht zuletzt auch ihre Innovationsfähigkeit."
Der alte Gehalt des Wortes "Mission", der oft mit Gewalt und Machtanspruch verbunden wurde, sei obsolet geworden und habe sich durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) grundlegend gewandelt, erklärte Dekan Prof. Dr. Stephan Ernst von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg: "Kirche-Sein und Christ-Sein sind heute per se missionarisch ausgerichtet. Wo Angst, Not, Krieg, Gewalt und Unterdrückung herrschen, muss die Kirche ihre Stimme erheben und ihrem Auftrag gerecht werden, die frohe und befreiende Botschaft Christi vorzubringen. Dabei werden andere Kulturen, Religionen und Weltanschauungen nicht mehr als Bedrohung, sondern - ausgehend von einem gewandelten Offenbarungsverständnis - als Bereicherung erlebt."
Der neue Lehrstuhl soll auf dem Gebiet der missionswissenschaftlichen und interreligiösen Lehre und Forschung eine enge Kooperation anstreben und die Fortführung der in Würzburg beheimateten missionswissenschaftlichen Tradition leisten sowie die theologische Reflexion der Begegnung verschiedener Religionen und Kulturen fördern.
Prof. Ernst sagte, lediglich die Universität Münster könne eine ähnliche Institution vorweisen. Dies werde in den kommenden Jahren ein wichtiges Argument sein, wenn es um die Frage gehe, welche Standorte der Theologie aus Kosten- und Rentabilitätsgründen in Bayern geschlossen werden sollen. Mit seinem Schwerpunkt auf dem interkulturellen Dialog werde der Lehrstuhl eine entscheidende Rolle für den noch - neben dem Diplom und Staatsexamen - zu etablierenden Magisterstudiengang sein, der seinen Schwerpunkt auf die Kulturbezogenheit der Theologie legt.
Sowohl Präsident Prof. Haase als auch der Dekan dankten den Stiftern und dem Freistaat für ihr Engagement. Die Stiftungsprofessur bekommt neben dem Lehrstuhl eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle und eine Halbtagssekretärin, zu deren Finanzierung der Freistaat einen Teil beiträgt. Die Universität stellt Räume und Ausstattung zur Verfügung.
Zukunft der Würzburger Missionswissenschaft langfristig gesichert
15.06.2010
Stiftungsvertrag unterzeichnet
Zwei Stifter, dazu das Bistum und die Universität Würzburg haben es gemeinsam möglich gemacht: In den kommenden elf Jahren wird es an der Universität eine Stiftungsprofessur „Missionswissenschaft und Dialog der Religionen“ an der Katholisch-Theologischen Fakultät geben. Jetzt haben die Beteiligten die entsprechenden Verträge unterzeichnet.
„Ein wichtiges und schönes Ereignis für die Universität Würzburg“ – „Ein denkwürdiger Tag für die Fakultät“ – „Eine ungewöhnliche Entscheidung für das Bistum“ – „Vorbildhaftes Handeln für die Uni“: Dass dieser Vertrag kein gewöhnlicher ist, betonten sämtliche Redner, die sich am 15. Juni im Senatssaal der Uni Würzburg eingefunden hatten, um dort den Vertrag über die Stiftungsprofessur „Missionswissenschaft und Dialog der Religionen“ zu unterzeichnen. Eine vergleichbare missionswissenschaftliche Einrichtung findet sich in Deutschland nur noch an der Universität Münster.
Beispielhafte Kooperation
Vier Einrichtungen finanzieren die Professur in den nächsten elf Jahren. Die ersten fünf Jahre sichern die Stiftung Promotio Humana und das Internationale Katholische Hilfswerk Missio, dann ist für drei Jahre Universität Würzburg an der Reihe, gefolgt vom Bistum Würzburg für drei weitere Jahre. Danach werde von allen vier Partnern die Weiterführung «nachhaltig angestrebt», heißt es in dem Vertragstext.
„Eine beispielhafte Zusammenarbeit“, findet Unipräsident Alfred Forchel. Gerade in Zeiten knapper Finanzmittel sei es häufig nur dann möglich, solche Projekte zu realisieren, wenn viele Beteiligte gemeinsam Prioritäten setzen.
Wachsende Bedeutung des interreligiösen Dialogs
Der interreligiöse und interkulturelle Dialog spielt angesichts der vielfältigen Herausforderungen im Umgang der Religionen und Kulturen miteinander eine zunehmend wichtige Rolle. Auf diesem Gebiet soll die missionswissenschaftliche Professur arbeiten. Daneben soll sich der künftige Inhaber der Professur um Fragen nach dem heutigen Verständnis von Mission und Evangelisierung inner- und weltkirchlich kümmern und wichtige Impulse für deren Entwicklung geben.
Die Professur übernimmt Aufgaben in Forschung und Lehre. Das Fach „Missionswissenschaft“ ist den übrigen theologischen Fächern an der Universität Würzburg gleichgestellt; es ist Bestandteil der neuen modularisierten Studiengänge. Sein Angebot richtet sich nicht nur an Theologiestudierende, sondern auch an Studierende anderer Fachrichtungen. Auch die Ausbildung künftiger Religionslehrer, Priester und Pastoralreferenten soll davon profitieren und den Absolventen Kompetenzen in interkulturellen und interreligiösen Fragen ermöglichen.
Stärkung der Würzburger Theologie
„Wir wollen damit unsere Arbeit auf ein wissenschaftliches Fundament stellen“, begründete Eric Englert, Präsident von Missio München, das Engagement seiner Einrichtung. Außerdem erhofft sich Englert eine stärkere Präsenz des Themas in der Öffentlichkeit.
„Damit geben wir der Katholisch-Theologischen Fakultät einen wichtigen Impuls“, sagte Walter Eykmann, Honorarprofessor an der Uni Würzburg und Präsident des zweiten Geldgebers, der Stiftung Promotio Humana. Die Fakultät sei damit aufgefordert, für den Dialog der Religionen den Kontakt zu weiteren Institutionen zu suchen.
Als „ungewöhnlich“ bezeichnete Bischof Friedhelm Hofmann das Engagement des Bistums Würzburg. Es sei jedoch wichtig „im Hinblick auf das, was wir erreichen wollen.“ Wie Hofmann betonte, gebe der Vertrag ein wichtiges Signal, die Katholisch-Theologische Fakultät im bayern- und deutschlandweiten Kontext zu stärken und zu profilieren.
Mehr als 80jährige Tradition der Würzburger Missionswissenschaft wird fortgesetzt
Momentan ist die Professur noch nicht besetzt; spätestens im Sommersemester 2011 soll der künftige Stelleninhaber jedoch die Arbeit aufnehmen. Seine Berufung erfolgt in enger Abstimmung mit den Stiftern, die auch im Berufungsausschuss vertreten sein werden.
Mit der Errichtung des Stiftungslehrstuhls wird die missionswissenschaftliche Tradition an der Universität Würzburg zumindest in den kommenden elf Jahren weitergeführt. Sie reicht bis in das Jahr 1924 zurück, als erstmals in Würzburg missionswissenschaftliche Vorlesungen angeboten wurden. Der erste
Honorarprofessor kam 1928. Seit 1962 gab es für Missionswissenschaft einen ordentlichen Lehrstuhl.
Dass nach diesen elf Jahren jedoch nicht Schluss ist, haben alle Vertragsunterzeichner betont. Sie wollen die Zeit auch dafür nutzen, um an einer Verstetigung zu arbeiten.
(Text: Gunnar Bartsch/Claudio Ettl)
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