In der Liturgie die Herrlichkeit der Kinder Gottes erfahren
09.12.2013Erzbischof Müller (Rom) zur Reform der katholischen Liturgie (4. Dezember 2013)
Die Gottesdienste, die das Leben begleiten, ob bei traurigen und freudigen Ereignissen, bei Festen oder im Alltag, befreien die Menschen aus dem „Gefängnis trostloser Diesseitigkeit“. Das sagte Erzbischof Gerhard Ludwig Müller bei einem Vortrag im Rahmen eines Festaktes am Mittwoch, 4. Dezember 2013 in der Würzburger Residenz. Müller ist Präfekt der Glaubenskongregation und damit einer der maßgeblichen Akteure im Vatikan. Anlass für den Festakt war das 50jährige Jubiläum der Veröffentlichung der Konstitution Sacrosanctum Concilium über die Heilige Liturgie. Mit diesem Dokument schlugen die katholischen Bischöfe der beim Zweiten Vatikanischen Konzil vor fünfzig Jahren ein neues Kapitel der Kirchengeschichte auf. Das erste Thema, das die Kirchenversammlung damals behandelte, war der kirchliche Gottesdienst. Am 4. Dezember 1963 konnten die Konzilsväter ihr erstes Dokument verabschieden: die Liturgiekonstitution.
Ziel der Reform, die mit Sacrosanctum Concilium angestoßen wurde, war es, die „volle, aktive und bewusste Mitfeier aller Gläubigen“ an der Liturgie zu fördern, erklärte Erzbischof Müller. Das, was in der Liturgie sichtbar wird, verweist auf das göttliche Geheimnis und vergegenwärtigt es, so der Erzbischof, der als Professor dogmatische Theologie lehrte und vor seiner Berufung in den Vatikan als Bischof von Regensburg wirkte. Die nach dem Konzil erneuerte Liturgie ist für Müller „gekennzeichnet durch eine innere Stimmigkeit und eine äußere Harmonie aller ihrer Aufbauelemente.“
Nach einer feierlichen Vesper (dem Abendgebet der Kirche), die Erzbischof Müller gemeinsam mit dem Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann in der Neumünsterkirche feierte, würdigte der Präfekt der Glaubenskongregation bei seinem Vortrag im barocken Fürstensaal der Würzburger Residenz die Liturgie als „wirksames Mittel gegen eine Kultur ohne Gott“. Müller wandte sich auch an die Kritiker, die die Liturgiereform für den Glaubensschwund der letzten Jahrzehnte verantwortlich machen. Ihnen hielt er entgegen, die Krise des Glaubens sei vielmehr „die Ursache der nicht noch größeren positiven Wirkung der aktiven, bewussten Teilnahme der Gläubigen an der Liturgie, in der sich das Heilswerk Christi vollzieht und wir die Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes erfahren dürfen.“
Der heutige Präfekt der Glaubenskongregation gab einen Einblick in seinen Werdegang. Glauben und Gottesdienst prägten Müller schon in frühester Kindheit. „Die beste Einführung in die Liturgie beginnt in der christlichen Familie,“ sagte der Erzbischof. Als Kind wuchs er „organisch hinein in den Reichtum und die Fülle der Liturgie, die das ganze Leben der Menschen ergreift und durchdringt.“ Die Reform der kirchlichen Riten erlebte Müller als Ministrant. Den Übergang zur neuen Form habe er „nicht als Bruch, sondern als innere Folgerichtigkeit“ erfahren. Seit dem Konzil feiert Müller die erneuerte Liturgie – als Theologiestudent, Kaplan, Religionslehrer, Theologieprofessor und Bischof. Als Präfekt der Glaubenskongregation hat er nun die Aufgabe, „den katholischen Glauben, und damit auch die Lehren und Entscheidungen des Konzils, zu fördern und zu bewahren.“
Eingeladen hatte den Erzbischof der Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg, Martin Stuflesser. Seit fünf Jahren organisiert Stuflesser zusammen mit dem Liturgiereferat des Bistums Würzburg jedes Jahr Vorträge wichtiger Kirchenvertreter zur Liturgiereform. Im Rahmen des Festaktes konnte Stuflesser auch einen Sammelband zum Thema Liturgiereform präsentieren. Dort sind die Hauptvorträge des ökumenischen Kongresses „Liturgiereformen in den Kirchen“ zusammengefasst, der im August 2013 in Würzburg stattfand. Nach dem Vortrag von Erzbischof Müller berichtete Stuflesser über den Kongress: „Es war ein spannender, informativer und anregender Kongress, mit einem lebendigen Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt, in einer, was die wissenschaftliche Theologie angeht, gut aufgestellten Universität, bei dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem Würzburg mit all seinen kulturellen Schätzen und zudem herzliche, fränkische Gastlichkeit erfahren durften.“