Zeitzeuge der Liturgiereform: Kardinal Wetter zu Gast in Würzburg
06.12.2011Würzburg. „Die Erneuerung des Gottesdienstes bedeutet immer auch eine Erneuerung der Kirche“. Dies betonte Kardinal Friedrich Wetter, emeritierter Erzbischof von München und Freising, am 4. Dezember 2011 bei einem Vortrag an der Universität Würzburg. Wetter war einer Einladung des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft der Katholisch-Theologischen Fakultät und des Liturgiereferats der Diözese gefolgt. Anlass war der 48. Jahrestag der Veröffentlichung von „Sacrosanctum Concilium“. Mit diesem Dokument leitete das Zweite Vatikanische Konzil im Jahr 1963 die Reform der Liturgie in der katholischen Kirche ein.
Nach einer feierlichen Vesper im Neumünster zusammen mit dem Würzburger Bischof Dr. Friedhelm Hofmann sprach Kardinal Wetter bei seinem Vortrag über seine Sicht der Reform. Die Kirche habe sich bereits vor dem Konzil auf den Weg der Erneuerung gemacht, erklärte er. Der 83jährige Kardinal erinnerte sich begeistert an den Eucharistischen Weltkongress, der 1960 in München stattfand und den er als junger Priester miterlebte. In den Gottesdiensten des Kongresses seien die Gläubigen nicht nur Zuschauer gewesen, sondern wirklich zu Mitfeiernden geworden. So hätten sie sich gemeinsam als Kirche erleben können.
Wetter betonte die zentrale Bedeutung der Feier des Gottesdienstes, besonders der Eucharistie, für die Kirche. Von der Begegnung mit Christus in der Eucharistie habe darum auch jede kirchliche Erneuerung auszugehen. Kritisch merkte der Kardinal an, dass heute zwar viel über die Erneuerung der Kirche diskutiert werde, die Erneuerung der Liturgie und auch der Verkündigung spiele in diesen Diskussionen jedoch oft eine zu geringe Rolle.
Wetter spannte einen großen theologischen Bogen aus: Mit der Taufe sei der Getaufte Christus einverleibt und gehöre so zum Leib Christi, der die Kirche ist. Die Kirche, so betonte der Kardinal, lebe wiederum aus der Feier der Eucharistie. Deshalb gehörten die Erneuerung der Liturgie und der Kirche untrennbar zusammen.
Martin Stuflesser, Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg, konnte Kardinal Wetter in einem vollbesetzen Hörsaal begrüßen. „Die Worte des Kardinals haben uns sehr ermutigt“, berichtet der Theologe. „Kardinal Wetter ist ein Zeitzeuge der Liturgiereform. Ich bin froh, dass unsere Studenten durch seine Worte etwas von der Aufbruchstimmung der Konzilszeit erfahren konnten“, sagt Stuflesser.
Das Thema Liturgiereform bildet einen Schwerpunkt der Lehre und Forschung an Stuflessers Lehrstuhl. Der Professor und seine Mitarbeiter richten den Blick schon auf das Jahr 2013. Dann findet ein Kongress zum 50. Jahrestag von ‚Sacrosanctum Concilium‘ statt. Die Societas Liturgica, eine internationale, ökumenische Vereinigung von Liturgiewissenschaftlern trifft sich in Würzburg, um Fragen der Reform zu diskutieren.